17.2Metadaten der Typen mit dem Class-Objekt
Angenommen, wir wollen einen Klassen-Browser schreiben. Dieser soll alle zum laufenden Programm gehörenden Klassen und darüber hinaus weitere Informationen anzeigen, wie etwa Variablenbelegung, deklarierte Methoden, Konstruktoren und Informationen über die Vererbungshierarchie. Dafür benötigen wir die Bibliotheksklasse Class. Exemplare der Klasse Class sind Objekte, die entweder eine Java-Klasse oder Java-Schnittstelle repräsentieren (dass auch Schnittstellen durch Class-Objekte repräsentiert werden, wird im Folgenden nicht mehr ausführlich unterschieden).
In diesem Punkt unterscheidet sich Java von vielen herkömmlichen Programmiersprachen, da sich Eigenschaften von Klassen vom gerade laufenden Programm mittels der Class-Objekte abfragen lassen. Bei den Exemplaren von Class handelt es sich um eine eingeschränkte Form von Meta-Objekten[ 132 ](Echte Metaklassen wären Klassen, deren jeweils einziges Exemplar die normale Java-Klasse ist. Dann wären etwa die normalen Klassenvariablen in Wahrheit Objektvariablen in der Metaklasse.) – die Beschreibung einer Java-Klasse, die aber nur ausgewählte Informationen preisgibt. Neben normalen Klassen werden auch Schnittstellen durch je ein Class-Objekt repräsentiert.
17.2.1An ein Class-Objekt kommen
Zunächst müssen wir für eine bestimmte Klasse das zugehörige Class-Objekt in Erfahrung bringen. Class-Objekte selbst kann nur die JVM erzeugen. Wir können das nicht (die Objekte sind immutable, und der Konstruktor ist privat).[ 133 ](Und in der Javadoc heißt es: »Constructor. Only the Java Virtual Machine creates Class objects.«) Um einen Verweis auf ein Class-Objekt zu bekommen, bieten sich folgende Lösungen an:
Ist ein Exemplar der Klasse verfügbar, rufen wir die getClass()-Methode des Objekts auf und erhalten das Class-Exemplar der zugehörigen Klasse.
Jede Klasse enthält eine Klassenvariable mit dem Namen .class vom Typ Class, die auf das zugehörige Class-Exemplar verweist.
Auch auf primitiven Datentypen ist das Ende .class erlaubt. Das gleiche Class-Objekt liefert die statische Variable TYPE der Wrapper-Klassen. Damit ist int.class == Integer.TYPE.
Die Klassenmethode Class.forName(String) kann eine Klasse erfragen, und wir erhalten das zugehörige Class-Exemplar als Ergebnis. Ist die Klasse noch nicht geladen, sucht und bindet forName(String) die Klasse ein. Weil das Suchen schiefgehen kann, ist eine ClassNotFoundException möglich.
Haben wir bereits ein Class-Objekt, sind aber nicht an ihm, sondern an seinen Vorfahren interessiert, so können wir einfach mit getSuperclass() ein Class-Objekt für die Oberklasse erhalten.
Das folgende Beispiel zeigt drei Möglichkeiten auf, um an ein Class-Objekt für java.util.Date heranzukommen:
Listing 17.1com/tutego/insel/meta/GetClassObject.java, main()
System.out.println( c1 ); // class java.util.Date
Class<?> c2 = new java.util.Date().getClass();
// oder Class<? extends Date> c2 = ...
System.out.println( c2 ); // class java.util.Date
try {
Class<?> c3 = Class.forName( "java.util.Date" );
System.out.println( c3 ); // class java.util.Date
}
catch ( ClassNotFoundException e ) { e.printStackTrace(); }
Die Variante mit forName(String) ist sinnvoll, wenn der Klassenname bei der Übersetzung des Programms noch nicht feststand. Sonst ist die vorhergehende Technik eingängiger, und der Compiler kann prüfen, ob es den Typ gibt.
[zB]Beispiel
Klassenobjekte für primitive Elemente liefert forName(String) nicht! Die beiden Anweisungen Class.forName("boolean") und Class.forName(boolean.class.getName()) führen zu einer ClassNotFoundException.
final Class<? extends Object> getClass()
Liefert zur Laufzeit das Class-Exemplar, das die Klasse des Objekts repräsentiert.
implements Serializable, GenericDeclaration, Type, AnnotatedElement
static Class<?> forName(String className) throws ClassNotFoundException
Liefert das Class-Exemplar für die Klasse oder Schnittstelle mit dem angegebenen voll qualifizierten Namen. Falls sie bisher noch nicht vom Programm benötigt wurde, sucht und lädt der Klassenlader die Klasse. Die Methode liefert niemals null zurück. Falls die Klasse nicht geladen und eingebunden werden konnte, gibt es eine ClassNotFoundException. Eine alternative Methode forName(String name, boolean initialize, ClassLoader loader) ermöglicht auch das Laden mit einem gewünschten Klassenlader. Der Klassenname muss immer voll qualifiziert sein.
ClassNotFoundException und NoClassDefFoundError *
Eine ClassNotFoundException lösen die Methoden forName(…) aus Class und loadClass(String name [, boolean resolve]) bzw. findSystemClass(String name) aus ClassLoader immer dann aus, wenn der Klassenlader die Klasse nach ihrem Klassennamen nicht finden kann.
Neben der Exception-Klasse gibt es ein NoClassDefFoundError – ein harter LinkageError, den das System immer dann auslöst, wenn die JVM eine im Bytecode referenzierte Klasse nicht laden kann. Nehmen wir zum Beispiel eine Anweisung wie new MeineKlasse(). Führt die JVM diese Anweisung aus, versucht sie den Bytecode von MeineKlasse zu laden. Ist der Bytecode für MeineKlasse nach dem Compilieren entfernt worden, löst die JVM durch den nicht geglückten Ladeversuch den NoClassDefFoundError aus. Auch tritt der Fehler auf, wenn beim Laden des Bytecodes die Klasse MeineKlasse zwar gefunden wurde, aber MeineKlasse einen statischen Initialisierungsblock besitzt, der wiederum eine Klasse referenziert, für die keine Klassendatei vorhanden ist.
Während ClassNotFoundException häufiger vorkommt als NoClassDefFoundError, ist es im Allgemeinen ein Indiz dafür, dass ein Java-Archiv im Klassenpfad fehlt.
Umbenennungen der Klassennamen durch den Obfuscator *
Dass der Compiler automatisch Bytecode gemäß dieses veränderten Quellcodes erzeugt, führt nur dann zu unerwarteten Problemen, wenn wir einen Obfuscator über den Programmtext laufen lassen, der nachträglich den Bytecode modifiziert und damit die Bedeutung des Programms bzw. des Bytecodes verschleiert und dabei Klassen umbenennt. Offensichtlich darf ein Obfuscator Klassen, deren Class-Exemplare abgefragt werden, nicht umbenennen; oder der Obfuscator müsste die entsprechenden Zeichenketten ebenfalls korrekt ersetzen (aber natürlich nicht alle Zeichenketten, die zufällig mit Namen von Klassen übereinstimmen).
17.2.2Eine Class ist ein Type
In Java gibt es unterschiedliche Typen, wobei Klassen, Schnittstellen und Aufzählungstypen von der JVM als Class-Objekte repräsentiert werden. In der Reflection-API repräsentiert die Schnittstelle Type alle Typen, und das sind bisher die implementierende Klasse Class, dazu kommen einige Unterschnittstellen wie GenericArrayType, ParameterizedType, TypeVariable<D> und WildcardType. Die einzige Methode von Type ist getTypeName(), und das ist sogar »nur« eine Default-Methode, die toString() aufruft.
Type ist die Rückgabe diverser Methoden in der Reflection-API, etwa von getGenericSuperclass() und getGenericInterfaces() der Klasse Class und von vielen weiteren Methoden, die die Javadoc unter »USE« aufzählt.